Bruno Giacosa

Zwei Welten scheinen in Piemont aufeinander zu prallen. Auf der einen Seite stehen die Verfechter der alten Schule, die darauf beharren, dass nur mit ihren Methoden die aristokratischen Eigenarten der Nebbiolo-Rebe optimal zum Ausdruck zu bringen sind. Auf der anderen Seite die Neuerer, die Barolo und Barbaresco schon nach wenigen Jahren trinkreif präsentieren wollen.

Aber so trennscharf wie in der Theorie geht es in der Wirklichkeit nicht zu. Bruno Giacosa aus Neive im Gebiet der DOC Barbaresco gilt in aller Welt als Meister des traditionellen Stils. Seine Barolos und Barbarescos sind Monumente – schwer, mächtig, dabei überbordend von reintöniger Frucht. Hoch elegant sind sie obendrein, eben genau so, wie einer der großen Nebbiolo-Crus es laut Lehrbuch zu sein hat. Gleichzeitig sind Giacosas Weine schon sehr früh zugänglich und bekehren mitunter sogar ausgewiesene Barolo-Hasser zu dem Bekenntnis, dass an diesen Weinen doch „etwas dran sein muss“.

Ein Zauberer? Ganz und gar nicht. Giacosas „Geheimnis“ ist keines: Er setzt ganz auf die Weinbergsarbeit. Wenn das Traubengut stimmt, will sagen, wenn es reif ist, gerade noch genügend Säure aufweist und die richtigen Extraktstoffe angesammelt hat, scheint nach seiner Philosophie die weitere Behandlung im Keller auf verschiedene Weise möglich zu sein.

Jedenfalls schafft Giacosa es, seine besten Crus, dem Santo Stefano in Barbaresco und dem Falletto di Serralunga in Barolo, klassisch und gleichzeitig weich und modern zu präsentieren. Dabei findet sich in seinem Keller kein einziges Barrique. Alle Weine, auch der vielgerühmte Barbera aus der Falletto-Lage in Serralunga, reifen in großen Fässern von mehreren tausend Litern Fassungsvermögen.

Die Kunst, so sagt es der Meister selbst, besteht darin, bei der alkoholischen Gärung die Temperaturen zu mäßigen und bei der Mazeration nicht zu übertreiben. Manchmal reichen 10 Tage, um die richtige Menge an Anthozyanen und Tanninen zu extrahieren, manchmal muss es einige Tage länger sein, es kommt ganz auf die Eigenarten der Trauben im jeweiligen Jahrgang an. Nur eins ist sicher: Würde Giacosa die Trauben vom Most zu spät trennen, kämen auch harte Tannine und andere gänzlich unerwünschte Extrakte in den Wein hinein.

Dass dieses Verfahren nur dann funktioniert, wenn im gesamten Keller peinlichst auf Hygiene geachtet wird, setzt Giacosa voraus. Flüchtige Säure ist ihm selbst ein Greuel, und die Weintrinker in aller Welt will er damit auch nicht belästigen.