La Brancaia

Viele Deutsche, Engländer und Schweizer haben sich in der Toskana niedergelassen und versucht, als Winzer alles besser zu machen als die Alteingesessenen. Die meisten von ihnen sind nicht an mangelndem Enthusiasmus gescheitert, sondern an zu wenig Kapital und Professionalität. An beidem allerdings mangelt es den Zürichern Brigitte und Bruno Widmer nicht, und deshalb haben sie ihr Projekt La Brancaia zu großen Erfolgen führen können.

Dabei starteten sie wie viele andere auch: Ausgangspunkt war ein malerisch heruntergekommener Gutshof mit einigen Hektar Weinbergen in unmittelbarer Nachbarschaft des Castello di Fonterutoli in Castellina. Mit den Marchesi Mazzei arbeiteten die Widmers denn auch zu Beginn eng zusammen. Sie hatten keine eigene Kellerei, also wurden ihre Weine im Castello di Fonterutoli bereitet. Und 1992 beauftragten beide Güter den beratenden Önologen Carlo Ferrini, der mit diesen beiden Aufträgen seine steile Karriere begründete.

Weine als Untermieter zu erzeugen, das war nur eine Übergangsphase. Die Widmers wollten eine eigene Kellerei, die technisch auf dem allerneuesten Stand war. Sie hatten sehr präzise Vorstellungen von der Ausstattung der Flaschen. Die ist meilenweit entfernt von der traditionellen Anmutung der Flaschen, sondern orientiert sich am modernen Graphikdesign, das von der Schweiz aus seinen Siegeszug antrat.

Damit kennt Bruno Widmer sich aus: Er war Chef der Werbeagentur Young & Rubicam in Zürich. Er hatte von Anfang an mit Brancaia im Sinn, Spitzenqualitäten zu erzeugen für die Klientel, die dafür reif ist – und sonst gar nichts.

1983 wurde der erste Wein von Brancaia abgefüllt, und heute lautet das Urteil, dass die Pläne aufgegangen sind. Das Gut ist ein Vorzeigeobjekt geworden. Dem Besucher fällt besonders auf, dass die hypermoderne Ausstattung der eigenen Kellerei, die 1998 eingeweiht wurde, nicht darauf zielt, mit den bekannten Tricks Weinqualität künstlich zu erzeugen.

Im Gegenteil: Die dreistöckige Anlage des Gutshauses wird dazu genutzt, den Most und die Beeren ohne Einsatz von Pumpen durch die verschiedenen Phasen der Weinentstehung zu transportieren. Die Gärbehälter sind konisch geformt, damit der Kontakt zwischen Beerenhäuten und Most maximal – so wird die Extraktion der Anthyzyane gefördert -, aber der Kontakt zwischen Most und Luft minimal ist. So wird Oxidation weitgehend ausgeschaltet.

Alle Weine von Brancaia sind sehr „modern“ ausgebaut. Manche Weintrinker sind vernarrt in diesen Typus von Chianti Classico, andere glauben, dass es gar kein Chianti mehr ist. Die Streitfrage muss einstweilen offen bleiben, der Markt muss sie entscheiden.

Die Besitzer haben das Alltagsgeschäft an ihre Tochter Barbara Kronenberg-Widmer, eine Architektin und Önologin, und ihren Mann Martin Kronenberg, einen ausgewiesenen Marketing-Profi übergeben. Die beiden kümmern sich mit einer 20-köpfigen Mannschaft um die Erzeugung von vorbildlichem Chianti Classico und „Il Blu“, einer Cuvée aus 50 Prozent Sangiovese und Merlot mit ein wenig Cabernet.