Castello di Volpaia

Wer Siena besucht und noch einen halben Tag für einen Ausflug ins Chianti hat, der muss nach Volpaia fahren. Wir garantieren: Danach ist er verzaubert und will wahrscheinlich nie wieder anderen Wein trinken. Volpaia – das ist einerseits das herrschaftliche Castello von Giovanella und Carlo Stianti Mascheroni. Das ist aber auch das Dorf gleichen Namens. Es ist nicht mehr bewohnt, sondern beherbergt in seinen durch unterirdische Gänge verbundenen Kellern und Sälen ein effizient angelegtes Weingut.

Damit ist es eine Touristenattraktion erster Ordnung. Im ehemaligen Haus des Bürgermeisters befinden sich Büros, in diversen Wohnhäusern Keller- und Lagerräume, in der ehemaligen Kirche ein Informations- und Begegnungszentrum. Eine malerische alte Ölmühle wurde so umgebaut, dass luxuriöse Ferienhäuser Platz fanden.

Der Ort könnte schöner kaum sein. Hier verweben sich ländliche Stimmungen mit der Eleganz aristokratischen Landlebens.

All das ist nicht von selbst entstanden, sondern ist das Ergebnis eines feinsinnigen, intelligenten Designs der Stianti Mascheroni, in dem die Natur, die durch Weinbau geprägte Landschaft des Chianti mit der Kultur ihrer Bewohner einen unauflöslichen Bund eingegangen ist. Keine Überraschung also, dass die Weine von Castello di Volpaia treffsicher genau den Charakter dieses zaubrischen Ortes wiedergeben.

Mit gutem Geschmack allein allerdings lässt sich kein guter Wein erzeugen. Voraussetzung sind die Weinbergslagen rund um das Dorf, die auf 450 bis 500 Meter Höhe liegen und damit die höchste – und wegen des ständig wehenden Windes kühlste – Weinlage des gesamten Chianti Classico bilden. Liebhaber mächtiger Monsterweine kommen hier nicht auf ihre Kosten: Hier siegt elegante Struktur über Körperreichtum, Raffinesse über Komplexität.

Auf Volpaia wurde schon früh verzichtet, dem Chianti Classico kleinere Mengen von Weisswein beizumischen, auch das „Governo“-Verfahren war hier immer verpönt. Die Chiantis von Volpaia bringen den Charakter des Sangioveto – so heißt hier der örtliche Klon des Sangiovese – besonders reintönig zum Ausdruck. Die Riservas werden Fass für Fass individuell behandelt. Deshalb ist es auch möglich, einzelne Partien ungefiltert abfüllen zu lassen – eine Möglichkeit, von der ich gern Gebrauch mache.

Mit der Entwicklung der „modernen“ Weine des Gutes, des Coltassala (95 Prozent Sangioveto, 5 Prozent Mammolo) und des Balifico (65 Prozent Sangioveto, 35 Prozent Cabernet Sauvignon) haben sich die Stianti Mascheroni viele Jahre lang Zeit gelassen. Dafür war das Ergebnis schon beim ersten Jahrgang überzeugend.

Faszinierend an Volpaia ist: Das Gut wird immer besser. Seit 2000 arbeitet hier ein neues Team. Lorenzo Regoli, der fest angestellte Önologe, ist ein erstklassiger Nachwuchsmann. Er hat das große Glück, mit dem derzeit berühmtesten „flying winemaker“ Italiens – mit Ricardo Cotarella – zusammenarbeiten zu dürfen. Die beiden haben das Kunststück fertig gebracht, die Weine ein wenig dichter und kompakter zu strukturieren, ohne ihre Finesse zu opfern.

Volpaia steht vor einer faszierenden Zukunft!