Poggerino

Nicht immer ist es ein Vorteil, wenn ein Weingut schon seit Urzeiten im Besitz einer aristokratischen Familie ist. Die Fattoria Poggerino in Radda beispielsweise gehörte dem Prinzen Ginori Conti aus Florenz, dem Spross einer der ältesten Florentiner Adelsfamilien, der nie ernsthaft daran dachte, sich mit der professionellen Führung eines Landgutes irgendwo im hügeligen Hinterland der Toskana zu belasten.

Das mussten seine Nachkommen nachholen, und der Umstellungsprozess war schmerzhaft. Als Contessa Floriana Ginori Conti, die Tochter des Prinzen, 1970 das Gut erbte, befasste sie sich, zunächst eher unwillig, mit den Geheimnissen und Anforderungen des Weinbereitens. Sie merkte schnell, dass es nicht auskömmlich war, Fassware zu verkaufen und produzierte ab 1980 ihren Chianti Classico unter eigenem Namen.

Die Familie war wohlhabend, aber es war nie genug Geld da, das Weingut auf einen Schlag zu einem modernen landwirtschaftlichen Betrieb zu machen. Immerhin wurde über die Jahre so regelmäßig und klug investiert, dass Ende der 80er Jahre ein mit 11 Hektar Weinbergen kleines, aber blitzsauberes Weingut entstanden war, dessen Produkte seitdem regelmäßig in der Spitze des Chianti Classico zu finden sind.

Treibende Kraft bei dieser Entwicklung waren die beiden Kinder der Contessa gewesen, Benedetta und Piero Lanza. Sie übernahmen 1999 auch offiziell die Führung des Gutes. Hier wird vor allem der Sangiovese gepflegt und und manchen Jahren zur Vollendung gebracht; ein wenig Merlot ist Beigabe. Benedetta sagt, dass sie „fast fanatisch“ daran glaubt, dass die Hauptarbeit für die Bereitung großer Weine nicht im Keller, sondern in den Weinbergen stattzufinden habe. Die von Poggerino sind denn auch Musterbeispiele für sauberen, organischen Weinbau.

Im Keller vertraut das eingespielte Team um die Besitzer auf konservative Prinzipien, mit einer Ausnahme: Alle Weine, auch der Chianti Classico, werden im Barrique ausgebaut, um den Sangiovese zu zähmen, der ansonsten etwas ruppig in der Säure werden kann. Dabei gehe es gerade nicht, betont Piero Lanza, um das künstliche Erzeugen von Holzaromen, sondern um den physikalischen Prozess der Mikro-Oxidation, der im kleinen Holzfass besser kontrolliert werden kann als in großen Küfen.

Besonders stolz sind die Lanzas neben der Riserva cru Bugialla auf ihren „Primamatteria“. Er enthält ein wenig mehr Merlot als die Chiantis des Gutes, ist aber, wie der Name zum Ausdruck bringt, nichts anderes als eine Auslese der besten Partien aus allen Weinbergen mit optimaler Reife und Fruchtigkeit. Wie um zu betonen, dass die besten Weine der Fattoria Poggerino im Weinberg entstehen, wird „Primamatteria“ eher kürzer im Barrique ausgebaut als die Chianti Classico genannten Weine – meist nicht länger als 12 Monate.

Das ist noch ein Indiz für die Qualität des Traubenguts: Es braucht – in der Sprache der Filmemacher – extrem wenig „Post-Production“